herstellerunabhängig – kundenorientiert – mit Full-Service

Chancen säen, Azubis ernten

Wer Flüchtlinge ausbilden will, muss Behördengänge und Unsicherheiten in Kauf nehmen. Warum es sich trotzdem lohnt, zeigen drei Unternehmen aus dem IHK-Bezirk.

Er macht seine Arbeit gut.“ Barbara Hoffmann ist fest entschlossen, Muhammad Khalid Hashimi zum Land- und Baumaschinenmechatroniker auszubilden. Dass der Flüchtling geeignet ist, hat Hashimi der Geschäftsführerin vom Manfred Hoffmann Baumaschinenservice schon als Minijobber bewiesen. In Afghanistan hat er bereits drei Jahre lang als Baumaschinenmechaniker gearbeitet. Mit einer einjährigen Einstiegsqualifizierung will Hoffmann den jungen Mann jetzt fit für die Berufsausbildung machen.
Hashimi ist ein Sprachtalent. Er spricht gut Englisch und beherrscht die vier afghanischen Sprachen Pashto, Dari, Urdu und Hindi. In den letzten 18 Monaten hat er zudem fleißig Deutsch gelernt und mehrere Sprachzertifikate erworben.
Tatsächlich ist für Flüchtlinge die Sprache die größte Hürde auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. Denn beinahe jedes Unternehmen sieht ausreichende Deutschkenntnisse als Voraussetzung für den Erfolg einer betrieblichen Ausbildung mit Berufsschulbesuch an. Wie gut ein Flüchtling Deutsch spricht und ob es für die Berufsschule reicht, können Betriebe aber meist gar nicht so einfach feststellen. Deshalb empfiehlt die IHK, dass geförderte Kurse den Anforderungen des europäischen Referenzrahmens entsprechen müssen. Für die Berufsschule wird das Sprachniveau B2 empfohlen.Wer so eingestuft wird, soll sich auch über komplexe Themen in der Berufsschule und im Berufsalltag problemlos unterhalten können.

Schutz vor Abschiebung
Muhammad Khalid Hashimi hat die größte Hürde auf dem Weg in den Arbeitsmarkt aus eigener Kraft überwunden. Bei einer anderen half ihm Integrationslotse Konrad Neumann. Hashimi brauchte eine Ausbildungsduldung, die ihn auch in der Zeit der Einstiegsqualifizierung vor der Abschiebung schützt. Die Behördengänge, die dafür nötig waren, hat Neumann, Lehrer im Ruhestand, übernommen. Während der Einstiegsqualifikation und der Ausbildung darf Hashimi auf jeden Fall bleiben. Wenn er in dieser Zeit einen gültigen Pass vorlegt, greift die 3+2-Regelung. Dann kann er noch zwei weitere Jahre als Fachkraft arbeiten. „Damit sich die Vorbereitung und Ausbildung von Flüchtlingen lohnt, muss ein Unternehmen seinen Auszubildenden fest einplanen können“, sagt Carsten Taudt, Leiter des Geschäftsbereichs Bildung und Fachkräftesicherung der IHK Nord Westfalen. Das geht nur, wenn er ein Bleiberecht hat. So sollte der Abschiebeschutz mit Unterzeichnung des Ausbildungsvertrags wirksam werden. Mit der Genehmigung einer Ausbildungsduldung tun sich die Ausländerbehörden zum Teil jedoch schwer. Ein Grund ist laut Taudt der große Ermessensspielraum im Integrationsgesetz: Die Ausbildungsduldung sei zu erteilen, wenn keiner der im Gesetz genannten Ausschlussgründe vorliegt, insbesondere bei bevorstehenden konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung. Was das im Klartext heißt, wird nicht weiter ausgeführt. Der Umgang mit dem Gesetz ist Auslegungssache. Dennoch greift das Integrationsgesetz allmählich. Inzwischen haben 64 junge Syrer im IHK-Bezirk Nord Westfalen einen Ausbildungsplatz. Das sind 44 mehr als Ende 2016. Die Zahl der afghanischen Auszubildenden ist von zwölf auf 45 gestiegen, die der iranischen von fünf auf elf. Trotz aller Unsicherheiten hat Heinrich Gaßmöller, Geschäftsführer vom Einrichtungsgeschäft Gaßmöller in Drensteinfurt, gleich zwei Flüchtlinge als Auszubildende eingestellt. Ahmad Al Omar und Ahmad Zahmaran kommen aus dem Libanon und machen seit August eine Ausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen und Umzugsservice.
Sie sind als Aushilfen gestartet. Landrat Dr. Olaf Gericke hatte den Möbelhändler dazu ermutigt, den beiden Libanesen eine Chance zu geben. Einsatz und Willensstärke der Flüchtlinge überzeugten Gaßmöller schnell, dass sich der Aufwand gelohnt hat. „Mein ganzes Team und ich freuen uns sehr darüber, dass wir Ahmad Al Omar und Ahmad Zahmaran eine Zukunftsperspektive bieten können“, so Gaßmöller. „Die Zusammenarbeit bereichert das ganze Team.“

Talente fördern
Mehrere Flüchtlinge beschäftigt auch das Unternehmen Automotive Product Solutions (APS) in Gescher. Einen davon bildet der Autoteilehändler zum Kaufmann für Groß- und Außenhandel aus. Mohamad Laila hat Finanzwesen in Damaskus studiert. Den Ausbildungsplatz hat er bekommen, weil das Unternehmen helfen will und weil Laila gut mit Zahlen umgehen kann. Als Beweis zeigte er dem Betrieb ein Foto von seinem Studienzeugnis. „Das Original haben sie ihm auf seiner Flucht nach Deutschland abgenommen“, erklärt Meike Schröer, Personalerin und Assistentin der Geschäftsführung. Aufgaben in der Berufsschule, die sich um Zahlen drehen, sind für den jungen Syrer kein Problem. Schwierig wird es bei Textaufgaben. Schröers Suche nach Unterstützung für Laila artete zu einer Odysee aus, die sie schließlich zur IHKWillkommenslotsin Anke Leufgen führte. Sie stellte den Kontakt zur Ehrenamtsorganisation Senior Experten Service her. Darin werden Auszubildende bei Fragen rund um die Berufsausbildung von einer Fachkraft im Ruhestand begleitet. Gleichzeitig finanziert das Unternehmen dem jungen Syrer mehrere Deutschkurse.

Quelle:

Auszug des Artikels „Flüchtlinge als Azubis“ aus der IHK-Zeitschrift „Wirtschaftsspiegel 10_2017“, S.40/41:

Weblink des Artikels „Flüchtlinge als Azubis“: www.ihk-nordwestfalen.de/share/flipping-book/3850762/index.html